Was Submissionsrichtlinien nicht verhindern können

7. Februar 2014 um 16.20 Uhr
0

Strukturierte IT-Ressourcenbeschaffung – Was Submissionsrichtlinien nicht verhindern können

Nein, dieser Beitrag wird nicht in das derzeit laufende Beamten-Bashing in Sachen Informatik-Projekte einsteigen. Erstens, weil der Autor bei so manchem Beamten mehr Professionalität und Struktur erlebt hat, als bei jenen, die von sich glauben, über alle Zweifel erhaben zu sein. Zweitens, weil’s niemandem etwas nützt.

Am wenigsten dem Steuerzahler. Eine Ursache, dass so manches in die Schlagzeilen geratene Projekt im öffentlichen Bereich so diskutiert wird, ist: Die Tatsache, dass es durch Steuerzahler finanziert wird, und das aufgrund von politischem Interesse hier Unklarheiten eher ins Licht gezerrt werden, als bei einem privaten Unternehmen (dort wird diskret abgeschrieben und keiner merkt es).

Eine zweite Ursache liegt aber viel tiefer. Es ist nicht der Mensch alleine, der für vermeintlich zu hohe IT-Projektkosten als Verursacher herhalten muss.

Ishikawa_diagram_model

Faktor Methode und Material (hier intellektuelles) – Der Einkaufsentscheid zum IT-Projekt ist nicht nur durch das ethische Dispositiv eines Menschen geprägt, sondern auch durch das methodische und technologische Wissen, das man diesem Entscheider zukommen lässt. Wie und mit welchen Methoden man beschafft, um einer Organisation und damit dem Steuerzahler zu hohe Beschaffungs-, Betriebs- und Folgekosten zu ersparen, steht sicher nicht auf dem Ausbildungsplan.

Faktor Milieu: Es wäre vielen Einkäufern im öffentlichen Dienst mehr geholfen an Stelle von Submissionsrichtlinien konkrete Hilfestellung zur Hand zu haben: Leitfäden, Handlungsempfehlungen und aktuell gehaltene Kriterienkataloge für spezifische Technologien, Services und Beschaffungsentscheide. In einem Umfeld in dem ein berechtigtes Interesse nach Transparenz gegeben ist, würde mancher sicherer durch das Minenfeld von Interessenslagen navigieren können, wenn entsprechende Wissens- und Handlungsgrundlagen verfügbar wären.  (Für die Erarbeitung derartiger Leitfäden, gibt’s aber oft kein Budget, geschweige denn ist es bekannt, dass es derartiges gibt).

Faktor Ziel-Messung: Sowohl bei der Anwendung von Bewertungsmethoden, wie bei der Festlegung der Zielmessung wird auf Methoden zurückgegriffen, welche in Lehrbüchern anzutreffen sind, die noch aus dem letzten Jahrtausend stammen. Das ist nicht weiter schlimm. Wenn man zum Beispiel das günstigste Angebot nimmt, können die Folgekosten noch so hoch sein, man war ja erfolgreich. Es gibt dazu aber weit nachhaltigere Methoden – nur sind diese nicht umfänglich bekannt bzw. wird deren Einsatz just oft von denen aus Kostengründen abgelehnt, die ansonsten oft für Transparenz eintreten

Konklusio: Treiber für hohe Kosten bei IT-Projekten gibt es viele. Einer davon ist sicher, dass Einkäufern oft nicht die Informationen und das Wissen zur Verfügung gestellt wird, um nachhaltige Entscheide treffen zu können. 

Portrait Steigele 60x60

Dr. Helmut Steigele ist Trainer und Autor für die Fachbereiche IT-Ressourcenbeschaffung und IT-Management. Cascade IT

 

Artikel auf Social Media Platformen teilen

In dieser Serie

Webinar «Cloud Beschaffungen» – Praxisfragen und Erfahrungen

Die IT-Beschaffung «aus der Cloud» ist zunehmend auch ein Thema für Verwaltungen und Betriebe der öffentlichen Hand. Bisher haben Bedenken wegen Datenschutz und IT-Sicherheit die Akzeptanz von Cloud-Lösungen im öffentlichen Umfeld behindert. Doch die Marktveränderungen bei «Software as a Service» und «Platform as a Service» Lösungen wirken sich auf das IT-Beschaffungswesen aus. Weiterlesen ›

Weiterbildungstag «Cloud Beschaffungen» 2021

Die IT-Beschaffung «aus der Cloud» wird zunehmend auch ein Thema für Verwaltungen und Betriebe der öffentlichen Hand. Disruptiven Charakter hat dabei insbesondere die Nutzung von Software aus der Cloud (SaaS). Am Weiterbildungstag der Universität Bern vom 15. Januar 2021 berichten Experten über Praxiserfahrungen und beleuchten organisatorische und rechtliche Gesichtspunkte. Weiterlesen ›

Submissionen: neue Möglichkeiten mit dem «Dialog» unter dem revidierten Beschaffungsrecht

Mit dem revidierten Beschaffungsrecht, welches von den Kantonen ab 2021 in Kraft gesetzt wird, kommen neue Instrumente und Möglichkeiten. Vor allem der unter dem Bundesrecht bereits heute mögliche «Dialog» stösst  bei kantonalen Beschaffungsstellen auf reges Interesse. Weiterlesen ›

Diesen Artikel kommentieren

Wir sind sehr an einer offenen Diskussion interessiert, behalten uns aber vor, beleidigende Kommentare sowie solche, die offensichtlich zwecks Suchmaschinenoptimierung abgegeben werden, zu editieren oder zu löschen. Mehr dazu in unseren Kommentarregeln.